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Passagenwerk Spitalgasse – Neuengasse

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Ja, es ist so: Ich verachte die Berner Lauben zutiefst. Natürlich, sie sind integraler Bestandteil des Unesco-Weltkulturerbes, doch mich beelenden die Dunkelheit und die tiefhängenden Lichtkästen der Läden, die die Lauben weiter verengen und die mich in einen Klaustrophobiker verwandeln.

Nun ist es ja nicht so, dass man auf diese Baumeisterwerke angewiesen ist. Man kann sie selbstverständlich prima meiden, sofern nicht gerade die Tramgleise neu verlegt werden. Doch da dies noch bis im Herbst der Fall ist, machte ich mich kürzlich auf die Suche nach Fluchtwegen, und wurde in den unbesungenen Passagen dieser Stadt fündig. Und diese dürfen durchaus als Herz der Finsternis, als abgerockte Gegenwelt zum properen Image der Altstadt gelten, wie die erste Etappe durch die Fluchtwege zwischen Spitalgasse und Neuengasse nahe legte.

Schweizerhof-Passage: Dort, wo derzeit die «Shoppingmeile Nord» beginnt, zweigt auch schon die Schweizerhof-Passage ab. Man kann den Schildern der Passage folgen, oder auch einfach nach dem Plastikaccessoire-Laden Ausschau halten, der derzeit mit dem Slogan «Frühling nass… Preise krass!» die Kundschaft anzulocken versucht. Steckt man dann mal drin in der Passage, entdeckt man aufgestapeltes Restaurant-Mobiliar, das nach trostlosem Aussenbestuhlungs-Saisonende aussieht, den mysteriösen «Jack Klub» und aber auch einen dachlosen Innenhof, wo seit kurzem das einstige Markthalle-Gastroaushängeschild «Mille Sens» seine Tische aufgestellt hat. Hier darf geraucht werden, so der Gast denn Lust hat. Der Rest ist Juwelier-Geschäft, der neue «Tonträger»-Laden und eine Western-Union-Filiale, ehe die Passage abbiegt und zwischen Sportartikelladen und Luxushotel am Bahnhofplatz ein für Bern-Neulinge doch überraschendes Ende findet. Ein eigenartiger, beinahe menschenleerer Start in diese Tour.

Von Werdt-Passage: Die vielleicht schönste Passage der Stadt – wenn der Gang nicht so deprimierend wäre. Da ist, gleich zu Beginn, eine weitere Baustelle (die ansässige Confiserie mit dem Tea Room wird renoviert) und da ist vor allem der Asia-Food-Ableger mit dem Slogan «Thai Positive Eating». Schlimmer als dieser Slogan ist nur, dass das Restaurant das Splendid in Beschlag nimmt – dort, wo früher ein Kino-Saal war (so erzählen es ältere Bewohner dieser Stadt), dort, wo ich in den grossen Zeiten der CD zahllose Stunden verbrachte und die durch die Passage promenierenden Leute beobachtete. So begutachte ich dieses Mal nur rasch die schöne Decke der Arkade, sage noch dem Exoten-Emblem im Foyer des einstigen Kinos Hallo – und eile weiter, bevor die Nostalgie zu stark wird.

Ryffligässchen: Keine Passage im eigentlichen Arkaden-Sinn, aber doch ein Fluchtweg. Einer, der das Schritttempo der Verschämten rasch erhöhen lässt – zumindest auf Höhe des Ciné6.

Intermezzo: Eine kleine, motorisierte Clown-Marionette preist bei einer Passagencamouflage zwischen Ryffligässchen und dem nächsten Etappenort «Diverses Cupcakezubehör» an. Ein kurzer Moment des Gruselns, der gut vorbereitet auf die Dinge, die da harren.

Spitalgasse-Passage: Die Königsetappe des ersten Passagenspaziergangs. Gleich beim Eingang in den neonröhrenbeleuchteten Schlund an der Neuengasse ist das grosse Schaufenster der Reka zu erblicken. Derzeit wird dort mit arg gespenstischen Babypuppen für die Feriendörfer der Reisekasse geworben, die den Spaziergänger in die Flucht bzw. in die Passage weiterdrängen. Entspannung ist dann erstmal angesagt im Americanos. Auch hier kann man quasi indoor rauchen und den Schreck mit den Tabakwolken verdauen. Nach dem Zwischenhalt taucht nach einer kleinen Biegung schliesslich die in dieser unglamourösen Gegenwelt immer wieder auftauchende Mischung aus Reisebüros, Erotik-Shop und diversen Modeläden aus, ehe die Laube schon wieder ihre arge Dunkelheit erahnen lässt. Da macht man doch lieber wieder kehrt – trotz dem drohenden Schaufenster am anderen Ende des Schlauchs.

Theater Käfigturm: Beim Theater Käfigturm wartet die letzte Passage der Spitalgasse. Auch sie hat keinen eigenen Namen, doch versteckt sich hier eine kleine Mini-Mall. Auch hier herrscht ein eigentümlicher Ladenlokal-Mix: Ein Laden mit «teuflischen» Proteinshakes für den Bodybuilder bzw. «himmlischen» Proteinshakes für die Bodybuilderin kollidiert mit einem H&M und dem Café Atlantis. Hier scheint das Preisniveau noch in Ordnung zu sein: Kalsbratwurst mit Kartoffelsalat und Melonenschnitzen kostet 12.50 Franken. Auch bemerkenswert: die Remininszenzen an den guten alten Pirelli-Boden aus dem Bahnhof.

Selbstverständlich: Für den Klaustrophobiker sind all diese Fluchtwege (minus Ryffligässchen) denkbar schlecht geeignet. Für ein Abtauchen in ein anderes Bern – und das mitten im Zentrum – sind diese Passagen allerdings grossartig geeignet. Deshalb danke ich der Baustelle und meiner Laubenaversion ganz herzlich.


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